Eigentlich wollte ich das hier ganz anders schreiben, aber dann wäre es wohl ein ewig langes Gebrabbel geworden. Also versuche ich es mal so.
Nach ca. der Hälfte von ME:A nähere ich mich immer mehr der Meinung: verschenktes Potenzial, uninspiriertes Spiel, 08/15-Routinejob.
ME:A erzählt bisher an fast keiner Stelle eine spannende, überraschende oder nachdenklich machende Geschichte. Stattdessen wird, immerhin routiniert, eine 08/15-Story abgespult: Du ist der Held, da ist der Bösewicht, nun geh hin und mach ihn platt. Die Ausgangslage hätte in einer interessanten Geschichte münden können, in der man eben nicht der Superheld gewesen wäre, sondern sich in einer feindlichen oder neutralen Welt hätte behaupten müssen. Gut, vielleicht hätte sich das nicht verkauft. Aber so einen Abklatsch von ME 1-3, einfach nur in einer anderen Galaxis, haben wir auch nicht gebraucht. An manchen Stellen ist es geradezu komisch / peinlich, wie schnell einem doch sämtliche NPCs vertrauen (müssen), weil man sonst keine Geschicht erzählen könnte (oder zumindest nicht diese).
Animationen und NPC-Aussehen wurden schon reichlich durch den Kakao gezogen - stellenweise mehr als verdient - da muss man nichts mehr hinzufügen.
Bei Quests wird teilweise ebenso viel verschenkt wie bei der Geschichte. Entscheidungen, die moralisch anspruchsvoll wirken sollen, wirken teilweise nur dämlich, da sie extrem einfach gestrickt sind. Meist läuft alles auf einer Ebene ab. Es gibt Option A, es gibt Option B, such Dir eine aus. Die Erkenntnis, das evtl. nicht alles so einfach ist, oder das es eine Option C geben könnte - überwiegend Fehlanzeige. Eine Quest wie z. B. in Witcher 3, die mich völlig überrascht hat, weil ich den Ausgang - auch wenn er völlig logisch und nachvollziehbar war - einfach aus Denkfaulheit nicht erwartet hatte, ist mir bisher nicht begegnet.
Bugs: zu viele. Dialoge, die in falscher Reihenfolge laufen; verrückt spielende Ragdoll-Physik; 'Schlachtvieh'-NPCs, die nicht auf Beschuss reagieren und sich dutzendweise abschießen lassen; falsch spawnende NPCs, die sich nicht einmal mehr bewegen (können); fehlende oder nicht ansprechbare Quest-NPCs; (N)PCs, die aus der Welt-Geometrie herausfallen (Hallo Reload); falsch reagierende Trigger, die statt 3 Gegnern 5x3 spawnen; Cutscenes, in denen die Figuren in unmöglichen Winkeln zueinander stehen, grundsätzlich aneinander vorbei stieren, wegen der miesen Beleuchtung nicht mal zu erkennen sind; usw. Immerhin hatte ich noch keine Showstopper, aber auch die gibt es.
Spannungsbogen: Naja... Auf dem ersten Planeten ist es noch neu und interessant, die beiden Hauptziele zu erfüllen (einschalten der V... und aufbauen der O...). Auf den nächsten 2-3 Planeten - ist es genau dasselbe, garniert mit 2-3 anderen Nebenquests. Das ist jetzt nicht völlig uninteressant, aber auch nicht gerade eine besonders originelle, spannende Idee. Manche Nebenmissionen sind tatsächlich interessanter als das Abhaken der Hauptmissionen pro Planet.
Charakterentwicklung: sagen wir es so - ich bin lvl 41 (42?), habe rund 200 skillpoints und davon genau 6 ausgegeben, und selbst die wären nicht nötig gewesen. Mit dem einen skill, den man am Anfang bekommt, sowie je einem Sturm- und Scharfschützengewehr hatte ich bisher auf normaler Schwierigkeit keine größeren Probleme. Skills? Wozu? Ja, sicher, meine beiden Begleiter sind komplett aufgelevelt, aber das meine persönlichen skills so völlig überflüssig sind, hätte ich dann doch nicht erwartet. Soll wohl auf höheren Schwierigkeitsgraden anders sein, aber seid wann ist 'normal' das gleiche wie 'Schießbude'?
Crafting: siehe oben. Nahezu überflüssig. Mein Scharfschützengewehr ist gecraftet (und auch schon zig lvl alt), das war es dann. Meine Rüstung ist irgendein lvl 1 Krempel mit XP-Bonus statt Defensivwerten.
Komfort-Funktionen / UI: da hat jeder so seinen eigenen Geschmack. Ich komme mit der UI klar, sehe aber auch, dass einige Dinge umständlicher sind, als notwendig gewesen wäre. Insgesamt wirkt die UI nicht gerade so, als sei sie für PCs entwickelt oder groß angepasst worden.
Hm, jetzt wird es doch wieder ein immer längeres Gebrabbel.
Also gut, Schlusswort.
Fazit: verschenktes Potenzial, uninspiriertes Spiel, 08/15-Routinejob. Wenn das der Auftakt einer neuen Trilogie sein soll, muss noch einiges nachgelegt werden. So ist ME:A eine ziemlich laue Nummer.
(Und die Gesichts-Animationen sind teilweise wirklich schlecht. Herrje, Bioware, habt ihr sämtliche Spiele der letzten 2-3 Jahre ignoriert? Was habt ihr euch dabei gedacht?)
Edit: und gerade eben finde ich auf die letzte Frage eine mögliche(!) Antwort.
TL;DR: angeblich wurden die Animationen der menschlichen Charaktere nicht vom Bioware-Haupthaus ausgeführt, sondern an andere Standorte vergeben, möglicherweise Bioware Bukarest. Zudem wurden weitgehend unbearbeitete 3D-Scans von Personen ins Spiel übernommen, ohne dass 3D-Grafiker denen einen Feinschliff verpassen durften. Interessante Theorie. Würde die 'Qualität' erklären.